Sonntag, 18. Oktober 2015

Geliebter Schuft - mit Leseprobe!



 Mein neues Buch ist bei den Vertreibern der „Tolino-Allianz“ und allen angeschlossenen Buchhandlungen inzwischen erhältlich.
Zum Beispiel hier:
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... und viele andere.
Da die Leseproben auf den jeweiligen Seiten bereits mit Impressum und Inhaltsverzeichnis "verbraucht" sind, gibt es hier unten einen kleinen Vorgeschmack - exklusiv für Leserinnen und Leser meines Blogs. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!



Es regnete seit drei Tagen - das richtige Wetter, um Langeweile und Depressionen zu bekommen. Simone ließ sich nicht davon beeindrucken - sie hatte ja zu tun und war mit ihren Gedanken tief in ihrer Lektüre und damit in der französischen Vergangenheit. Im Wohnzimmerschrank ihres Onkels hatte sie sogar ein altes schweizerisches Geschichtsbuch entdeckt, das ihr sehr weiterhalf, die Zeit zu verstehen, mit der sie sich befasste. Darin ging es um Besessenheit von Teufeln und Dämonen. Sie fand es erstaunlich, wie abergläubisch die Menschen zur beginnenden Neuzeit nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges noch gewesen waren.
Sie tippte gerade ein paar Notizen zu ihrer Semesterarbeit in ihren Laptop, als draußen ein Wagen hielt. Es war ein gelbes Cabrio, ein teurer italienischer Wagen, natürlich mit zugezogenem Verdeck. Ein stattlich aussehender Mann stieg aus, zog seinen schicken sandfarbenen Kamelhaarmantel sorgfältig zurecht und kam dann auf den Laden zu, ohne sich am Regen zu stören. Erst nach einem kurzen Blick ins Schaufenster öffnete er die Tür, streifte mit beiden Händen das Wasser von seinem Mantel herunter und betrat den Laden.
Sie starrte ihn sekundenlang an. Der Besucher war groß, ausgesprochen schlank, trug die blonden Haare kurz geschnitten und hatte vor seinen herrlich blauen Augen eine randlose Brille. Sein Gesicht war schmal und ebenmäßig und wirkte, als er jetzt lächelte, ein wenig bubenhaft.
Kurz: Er sah fast so aus wie Julian Lessing, Simones Lieblingsschauspieler, von dem sie manchmal träumte - schwärmerisch wie eine halbwüchsige Schülerin.
Sie erhob sich von ihrem Platz hinter dem Kassentisch und sprach ihn an. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Oh… später vielleicht“, erwiderte er. „Ich möchte mich erst einmal in Ruhe hier umsehen, wenn es gestattet ist.“
„Sicher. Bitte sehr.“ Konnte es denn wahr sein, was sie da hörte? Er hatte sogar Julian Lessings ruhige, sanfte Stimme mit diesem leichten Vibrieren darin, das sie so erotisch fand!
Sie beobachtete ihn, wie er jetzt lässig die touristischen Souvenirs begutachtete, den einen oder anderen Gegenstand in die Hand nahm, herumdrehte und offenbar nach der Kennzeichnung „Made in Hongkong“ suchte. Dann schüttelte er den Kopf und stellte die Sachen mit überlegenem Blick und einem verächtlichen Zucken in den Mundwinkeln wieder ins Regal. Es wirkte ausgesprochen arrogant auf Simone.
Natürlich fand sie die meisten Sachen auch kitschig, zum Beispiel diese billigen nachgemachten Kuckucksuhren, die nur dekorativ waren und überhaupt nicht funktionierten, weil sie kein Uhrwerk hatten, oder die Trachtenpüppchen in verschiedenen Größen mit ihren roten Bollenhüten, die gar nicht aus dieser Gegend stammten, sondern aus einem ganz anderen Teil des Schwarzwaldes. Aber es gab halt Leute, die so etwas mochten und sich sogar begeistert zeigten, ganz normale Urlauber, die ein Mitbringsel für sich oder für ihre Freunde suchten. Da gab es nichts zu belächeln, zumal ihr Onkel ja davon lebte.
Der Kunde ging hinüber zur Porzellanabteilung. Da stand vor allem kostbare Markenware, meist Sammel-Porzellan zum Nachbestellen, aber auch wertvolle Figuren aus Meißen oder von der Nymphenburger Manufactur. Die Hummel-Figuren fanden vor allem bei amerikanischen Reisenden Anklang. Simone war froh, wenn sie in dieser Zeit hier keine davon verkaufte, denn für amerikanische Kunden müsste sie dann diese komplizierten Formulare für die Zollbefreiung ausfüllen.
Der Mann ignorierte das Schild „bitte nicht berühren“. Er nahm auch hier den einen oder anderen Gegenstand in die Hand und stellte ihn dann behutsam wieder auf die Glasböden der Vitrine, stets ein süffisantes Lächeln auf den Lippen.
Simone passte genau auf. Wenn er etwas beschädigte, konnte sie es nicht verhindern, aber sie hätte sich dafür verantwortlich gefühlt. Sie beobachtete, wie er nun die weiße Porzellangestalt einer unbemalten und nicht glasierten Aktfigur in die Hand nahm und nachdenklich betrachtete. Mit einer Fingerspitze fuhr er vorsichtig, beinahe zärtlich, über die weiblichen Rundungen, die der Künstler besonders liebevoll herausgearbeitet hatte. Simone folgte seinen Berührungen mit den Blicken.
Plötzlich ging ein Ruck durch ihn. Er stellte die schneeweiße Aktfigur wieder hin und fuhr abrupt herum, um einen strengen Blick aus seinen stahlblauen Augen auf Simone zu richten. „Was starren Sie mich eigentlich die ganze Zeit so an?“, fragte er.
Simone glaubte, unter seinem durchdringenden blauen Blick dahinzuschmelzen. Sie hatte zugleich das Gefühl, bei etwas Ungebührlichem ertappt worden zu sein. „Ich…“, begann sie stotternd. „Ich gebe immer auf die Kunden acht, falls jemand meine Hilfe braucht.“
„Danke, das ist nicht nötig“, erwiderte er. „Ich melde mich dann schon.“
Verdammt, der Bursche ist ja ganz schön arrogant, dachte Simone, und dann fuhr es ihr heraus: „Und außerdem sehen Sie jemandem sehr ähnlich.“
„So?“, fragte er belustigt.
 

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